Kern + Plasma

Titel Konzeptionelles Stadtmodell
Visionen für den Leipziger Osten
Ort Leipzig
Zeit 2001
Auftraggeber Stadt Leipzig
Team L21
Lilly M. Bozzo-Costa
Antje Heuer
Tom Hobusch
Stefan Rettich
Dirk Stenzel

Aus dem Erläuterungsbericht

»Das Untersuchungsgebiet erstreckt sich direkt vom Innenstadtring der Kernstadt bis in die Peripherie. Es ist geprägt durch eine sehr dichte Struktur mit einem sehr großen Anteil von einfachen Arbeiterwohnungen des letzten Jahrhunderts und Resten von alten Dorfstrukturen. Die aktuelle Situation im Leipziger Osten ist geprägt durch extreme Abwanderungstendenzen, einer hohen Arbeitslosigkeit und den sich daraus entwickelnden Wohnungs­leer­ständen. Der zunehmende Imageverlust dieses Stadt­gebietes verkörpert eine typisch ostdeutsche Problemlage, die sich nach den demographischen Prognosen noch extrem verschärfen wird. In den nächsten Jahren werden in diesem Bereich 50% der bestehenden baulichen Strukturen zur Disposition stehen. Diese Situation eröffnet enorme Potenziale und Freiräume für Inno­vationen und Experimente. Womit jedoch die Notwendigkeit verbunden ist, die klassischen Gründerzeitstrukturen gedanklich zu verlassen und neue Bilder zu träumen.
Mit den von L21 neu eingeführten Kategorien Kern und Plasma und den dazugehörigen Strategien wird ein neuer Typ von Stadt­landschaft entwickelt. Welcher durch die Existenz verschiedener Stadt­formen unterschied­lichste Lebensformen ermöglich und gleichzeitig neue Freiheiten für die Integration peripherer Nutzungen in die vorhandene Struktur schafft.
Drei Szenarien sind entstanden:

Freies Band

Das Gefüge aus kleinen städtischen Freiräumen wird durch den gezielten Parzellenweisen Abbruch verbunden und ergänzt sich damit zu einem durchgehenden Grünzug, dem Freien Band. Ein Ort der Ruhe und der Freizeit wird geschaffen. Der freigelegte Bachlauf der Rietzschke, dem das Band folgt, wird zum Imageträger des Stadtteiles. Es handelt sich hierbei um einen einfachen, offenen und grünen Stadtraum, welcher temporäre Nutzungen ermöglicht und den Akt der Inbesitznahme durch die Bewohner impliziert. Die Grünstruktur wird durch die vorhandene Vegetation — Hofbäume der Abbruchobjekte, gebildet und der Freiraum durch Reduktion und Recycling des Abbruchmaterials gestaltet.

 

Kerne

In den dichten Stadtinseln der europäischen Stadt spielen Geschichte, Patina und Tradition eine wichtige Rolle. Sie sind klassische Orientierungs- und Identitätspunkte. Die Verortung erfolgt an statdträumlich prägnanten Punkten oder in Gebieten mit besonderen Potentialen. Ihre Größe ist den Förder- Möglichkeiten angepasst und diese werden hier konzentriert. Die Kerne als Extrakt der alten Stadt.

 

Plasma

Die Substanz der Zwischenräume des Stadtgebietes, welche durch Dynamik, Veränderbarkeit, Widersprüchlichkeit und geringe Dichte gekennzeichnet ist, hat den Charakter einer — Bastelzone, eines Experimentierfeldes. Das Plasma ist der Ort der individuellen Freiheit und ist der Lage Wachstums- und Schrumpfungsprozesse der Stadt.

 

Presse

L21 und Leipzig den Rest
Verfasserin Susanne Schindler
Arch+, Ausgabe 158, 12/2001

Die gehackte Stadt .Das Leipziger Architektenetzwerk L21 schrumpft ostdeutsche Quartier
Verfasser Andreas Höll
Süddeutsche Zeitung März 2001

Kern und Plasma
Schrumpfende Städte Band 2 Handlungskonzepte /L21
Verfasser Lilly M. Bozzo-Costa, Tom Hobusch, Stefan Rettich, Dirk Stenzel
Herausgeber Philipp Oswald, im Auftrag der Kulturstiftung des Bundes 2005 ISBN 3-7757-1558-4

Città latenti-Un progetto per l´Italia abusiva von Federico Zanfi
Herausgeber Bruno Mondadori 2008
ISBN 9-78886-1-592285